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Erbrecht

Pflichtteilsrecht

Ein Pflichtteilsrecht entsteht, wenn ein naher Verwandter von der Erbfolge (in der Regel durch Testament) ausgeschlossen wurde, er aber zu dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört. Dies sind die Abkömmlinge des Erblassers, adoptierte Kinder bei Erbfällen und Adoptionen ab 1977, die Eltern des Erblassers sowie die Ehegatten während bestehender Ehe, aber auch die ihnen insoweit gleichgestellten eingetragenen Lebenspartner.

Die Möglichkeit den Pflichtteil zu erhalten kann in einigen wenigen Fällen auch durch eine Ausschlagung oder taktische Ausschlagung erreicht werden, was aber nur bei § 1371 Abs. 3 BGB (Ausschlagung des Ehegatten zwecks Erhalt des vollen Zugewinnausgleichs) sowie bei §§ 2306 und 2307 der Fall ist (ein Pflichtteilsberechtigter erhält zwar ein Erbteil oder ein Vermächtnis mindestens in Höhe seines Pflichtteils, dieses ist jedoch mit einer Testamentsvollstreckung, mit Auflagen oder ähnlichen Lasten beschwert, so dass ein Wahlrecht besteht auszuschlagen und stattdessen den Pflichtteil zu erhalten).

Der Pflichtteil gewährt keine unmittelbare Teilhabe an der Erbmasse, sondern stellt einen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch gegenüber allen Erben dar, der unmittelbar mit Tod des Erblassers fällig ist. Die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs richtet sich nach der gesetzlichen Erbquote und beträgt 50 % hiervon. Ein Privileg wird den Pflichtteilsberechtigten zu Teil: Sie haben als einzige gegenüber den Erben auch einen Wertermittlungsanspruch, d.h. auf Kosten des Nachlasses muss der Erbe feststellen lassen, wie werthaltig einzelne Nachlassgegenstände sind, z. B. Grundstücke.

Eine weitere Vorschrift im Zusammenhang mit dem Pflichtteilsrecht sei an dieser Stelle genannt: Der Pflichtteilsergänzungsanspruch des § 2325 BGB. Der Erblasser soll nämlich das (jüngst nochmals vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich bestätigte!) Pflichtteilsrecht nicht dadurch schmälern können, dass er innerhalb der letzten 10 Jahre vor seinem Ableben unentgeltliche Zuwendungen (Schenkungen) an Dritte macht. Solche Schenkungen werden dem Nachlass fiktiv wieder hinzugerechnet und aus diesem gesamten Betrag dann der Pflichtteilsanspruch berechnet. Aber Achtung: Diese 10-Jahresfrist gilt nicht bei Schenkungen an den Ehegatten; solche sind pflichtteilsergänzungspflichtig, auch wenn diese Jahrzehnte zurückliegen.

Allerdings ist es dem Erben zu Lebzeiten möglich, auch auf sein Pflichtteilsrecht zu verzichten, ebenso wie auf das Erbrecht verzichtet werden kann. Diese Möglichkeit wird gerne angewandt bei vorweggenommener Erbfolge, wenn also dem Pflichtteilsberechtigten etwas geschenkt werden soll, dieser dann aber gleichzeitig ganz oder teilweise auf seine Erb- oder Pflichtteilsrechte verzichten soll.

Im Prozess wird der Pflichtteilsberechtigte in aller Regel eine Stufenklage gegen den oder die Erben erheben, da er zunächst auf der 1. Stufe vollständige Auskunft benötigt, um sodann auf der letzten Stufe seine aufgrund der Auskunft bezifferbaren Ansprüche konkret geltend zu machen.

Ein Pflichtteil kann nur in Extremfällen entzogen werden, wenn nämlich Erbunwürdigkeit im Sinne der Vorschriften der §§ 2333 ff BGB vorliegt. Dies wird angenommen vor allem bei schweren strafrechtlichen Vergehen gegen den Erblasser, aber auch bei böswilliger Verletzung der Unterhaltspflichten gegenüber dem Erblasser oder bei „ehrlosem oder unsittlichen Lebenswandel“ wider des Willens des Erblassers.

Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche verjähren innerhalb von 3 Jahren nach Kenntnis vom Todesfall, § 2332 BGB.